König Felipe Miguel IV.

König Felipe Miguel IV. von Westendar (* 928 nZ) war zeitlebens ein starker und energisch auftretender Herrscher, der die Machtgier und Streitlust der westendarer Fürsten zwar nicht unterdrücken, wohl aber in geregelte Bahnen leiten konnte. Einzig, bei aller Manneskraft mangelte es ihm bis zuletzt an dem einzigen, was für einen König noch wichtiger ist als seine Krone - ein legitimer Erbe. Zwar brachten des Königs Lenden im Laufe der Jahre mehr als ein Kind hervor, doch nie mit seiner Gattin, Königin Gudera I., einer schönen, kultivierten und kühlen Herzogstochter aus dem Kaiserreich die er im Jahre 971 nZ nach dem frühen und unerwarteten Tode seiner ersten Frau, Königin Vicenta II (* 941 nZ; † 964 nZ), ehelichte. Drängenden Empfehlungen, sich von seiner offenbar unfruchtbaren Frau zu trennen und eine fruchtbare junge westendarische Adelige zu ehelichen, widersetzte er sich bis zuletzt. Die Hoffnung, dass er doch noch einen Sohn zeugen könnte erstarb an einem schönen Sommertag im Jahr 991 nZ, als er bei seinem traditionellen Besuch der Stierkämpfe zu Dextruna plötzlich zusammenbrach und seitdem auch durch alle Kunst der Ärzte, Priester und Magier nicht wieder auf die Beine gebracht werden konnte. Seit diesem Zeitpunkt siecht er dahin und verfällt zusehends - quasi im selben Tempo wie der Zusammenhalt seines Königreiches. Inzwischen ist er wenig mehr als ein hinfälliger, an das Bett gefesselter Greis, der seine versiegende Kraft zum Atmen benötigt. Seine Sehkraft wird zunehmend schwächer, auch verfällt er mehr und mehr in Phasen vollkommener Apathie. In seinen wachen Momenten scheint er sich förmlich an die Insignien seiner Herrschaft klammern zu wollen als ob er sich damit vor dem nahenden Tode schützen könnte. Nur noch selten findet er die Kraft, mit seinen Beratern zu reden oder einen Erlass zu diktieren. In dieser Situation wird allerdings sein zunehmender körperlicher und geistiger Verfall nur allzu deutlich, schafft er es doch kaum, noch einen klaren Gedanken zu fassen oder einen zusammenhängenden Satz zu formulieren.
Hielten sich die Fürsten anfangs noch, sowohl aus Pietät als auch aus Angst, der König könne doch noch genesen, mit ihrem Machtstreben zurück sind sie inzwischen längst zu einem offenen Machtkampf auf allen Ebenen übergegangen. Da keiner von ihnen den anderen wirklich ein Mehr an königlichem Blut entgegenhalten kann, jeder einzelne ist irgendwie mit dem Königshaus verwandt, kein einziger in direkter Linie, konzentrieren sie sich auf öffentliche Demonstrationen, heimliche Intrigen und zunehmende militärische Kampagnen. Nach außen hin versucht jeder, sich staatsmännisch und um Westendar besorgt zu zeigen, sich als möglichen Herrscher zu präsentieren und die Zustimmung der niederen Stände zu erheischen. Hinter den Kulissen tobt ein heißer Kampf der Diplomaten, Spione und Advokaten, die mit Wort und Schrift verbissen versuchen, Bündnisse zu schmieden, Absichten zu ergründen und jeden noch so kleinen Vorteil zu erringen - ja, sogar vor dem Anheuern von Meuchlern schreckt man nicht mehr zurück, bereits zwei Anschläge auf Fürsten wurden ruchbar und sicher ein Dutzend fürstliche Gefolgsleute fielen ihnen schon zum Opfer. Am teuersten, für die fürstlichen Kassen wie auch für das Blut Westendars, werden sich wohl aber die gegenseitigen Aufrüstungen und Fehden erweisen - zu ihrer Hausmacht aus Equidores heuern die Fürsten mehr und mehr Söldner an und begnügen sich immer weniger damit, sie lediglich mit den Waffen rasseln zu lassen. Es gab schon dutzende kleinere Gefechte und Überfälle, etliche Dörfer gingen in Flammen auf und da sich niemand mehr um die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung kümmert tummeln sich auf den Straßen arbeitslose Söldner, abgerissene Diebe und immer frecher auftretende Räuber.
Kurz gesagt: Westendar steuert direkt auf einen ausgewachsenen Bürgerkrieg zu. Momentan hält er sich noch in unruhigen und blutigen Grenzen, aber sobald der König stirbt, wird der Krieg aufflammen und das Land in einen blutigen Strudel aus Gewalt, Tod und allgegenwärtigem Elend mitreißen.
Königin Gudera I. von Westendar, Prinzessin zu Nebelstein
Königin Gudera I. (* 948 nZ) ist hochgewachsen, schlank und blass mit dunkelblondem Haar. Ihre Gesichtszüge sind energisch und etwas kantig, ihre Lippen auffallend schmal. Ihre grauen Augen werden gerne als "bis in die Seele hinein schauend" bezeichnet, wenn sie einmal die ihres Gegenübers treffen - zumeist lässt sie sie aber über die Seiten eines Buches oder gelangweilt durch den Raum gleiten. In ihrer Jugend und den ersten Jahren ihrer Ehe trug sie noch mit Vorliebe kostbare Gewänder in den schillerndsten Farben, diese sind aber im Laufe der Jahre, und mit den zunehmend verbitterten Erfahrungen ihrer unglücklichen Ehe, eher einfacheren und dunkleren Stoffen gewichen.
Auch wenn sie um etliche Jahre jünger ist als ihr inzwischen dem Tode entgegenblickender Gatte, gilt sie als unfruchtbar. Die Tatsache, dass sie keinen Sohn als legitimen Erben des Königs geboren hat, gilt als einer der Hauptauslöser des Westendarer Erbfolgezwist und wird ihr auch oftmals, wenigstens in ihrer Abwesenheit, vorgehalten.
Außerdem werden nicht nur im einfachen Volk sondern auch beim Adel zunehmend Gerüchte laut denen zufolge sie den König behexte, um ihn zu geradezu hündischer Liebe zu zwingen, und auch ihre eigene Fruchtbarkeit mit Zaubern oder Tinkturen unterdrückte, um so Westendar ins Unglück zu stürzen. Ihr zumeist kühles, überlegenes und distanziertes Verhalten und ihre Herkunft aus dem Kaiserreich, dem die Westendarer Ländereien womöglich anheim fallen mögen, verstärken diese Gerüchte. Da der König sie aber über alles liebt und, wenigstens in der Vergangenheit, jeden, der öffentlich schlecht über sie sprach, als Hochverräter aburteilen ließ, wurden bislang keine praktischen Schritte gegen sie eingeleitet.
Im Umfeld der Königin sind immer Adelige und Künstler aus dem Kaiserreich zu finden mit denen sie Kontakt in ihre Heimat hält. Ansonsten gilt sie als überaus belesen und mag womöglich tatsächlich in den arkanen Künsten erfahren sein, auch wenn sie nie einen Zauber in der Öffentlichkeit wirkte und stets ihren religiösen Verpflichtungen nachkommt. Ihr Einsatz für Pflege und Renovierung alter Tempel und Klöster sowie die Erhaltung und Erweiterung von Klosterbibliotheken ist auch so ziemlich das einzige an der kühlen Hochadeligen, was ihr noch gewisse Sympathien in der Bevölkerung sichert.
Mitglieder des Kronrates
Don Ambrosio de Acuña
Don Ambrosio de Acuña (* 934 nZ) gehört zum Kreis der engsten Vertrauten der Königin. Als Oberster Hofmagier und Mitglied des Kronrates gehört er auch zu den einflussreichsten Männern bei Hofe. Trotzdem hält er sich zumeist im Hintergrund und ist selten in der Öffentlichkeit zu sehen. Selbst als diese noch einen Teil des höfischen Lebens ausmachten, war er ein höchst seltener Gast bei Bällen und derlei Festivitäten.
Ursprünglich auf einem Landgut bei Dextruna geboren, zog es den wissbegierigen Jüngling schon bald nach Theriaxos wo er sich an der der Akademie der Magischen Forschung einschrieb und sich fortan dem Studium der arkanen Künste widmete. Den Grad des Adeptus Minor erlangte er im Jahre 961 nZ mit Auszeichnung. Seine weiteren Studien beinhalteten die Bereiche der Metempsychose, der Illusionsmagie und, wie man schon bald zu munkeln begann, auch der Dämonologie und der Beschwörungsmagie. Bis 971 nZ fuhr er mit seiner Lehrtätigkeit an der Akademie fort.
Mit der zweiten Heirat des Königs und dem erklärten Interesse der neuen Königin an Wissenschaften und Magie sah er jedoch seine Chance für einen weiteren sozialen Aufstieg als Hofmagier gekommen. Mit den beträchtlichen ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln konnte er andere Bewerber schnell ausstechen und bekam den lukrativen und einflussreichen Posten des Obersten Hofmagiers zugesprochen, eine Position die ihm gleichsam auch einen Sitz im Kronrat sicherte.
Privat ist Don Ambrosio eher unzugänglich und aufbrausend. Schon die kleinste gegen seine Person gerichtete Kritik nimmt er als Anlass, eine Diskussion abzubrechen. Nichtsdestoweniger geht er aus vielen Diskussionen als Sieger hervor. Manchmal wundern sich seine politischen Gegner selbst über das von ihnen soeben Gesagte. Gerüchte sind im Umlauf, dass er in der Lage sei, den Willen anderer durch Magie zu beeinflussen.
Don Dartan de Fenestra
Don Dartan de Fenestra (* 938 nZ) entstammt einer einflussreichen Grandenfamilie aus Santo Tiberio. Diesem Umstand hat er es auch zu verdanken, dass er das Amt des Heraldo, des königlichen Herolds von Westendar, innehat. Somit ist auch er seit seiner Ernennung im Jahre 984 nZ ein festes Mitglied des Kronrates.
Don Dartan ist vor allem für seinen ausufernden Lebensstil bekannt. Hatte er schon einen Ruf als Liebhaber festlicher Bankette und sexueller Eskapaden bevor er zum Heraldo ernannt wurde, so hat sich diese doch sehr lebensfrohe Haltung durch den mit dem neuen Amt einhergegangenen Zuwachs an Prestige und Macht noch mehr intensiviert. Hatte er sich zuvor mit einer langen Reihe von Geliebten begnügt, nahm er sich nun, drei Jahre nachdem er das Amt des königlichen Herolds angetreten hatte, eine blutjunge Grandentochter, Doña Sabina de Fenestra, zur Frau. Allerdings hielt ihn diese Heirat nicht davon ab, auch weiterhin seine Liebesbeziehungen zu verschiedenen Frauen aufrechtzuerhalten, darunter die Frau eines örtlichen Tuchhändlers, Carmen de Zeniçeros, und seine bereits in die Jahre gekommene Haushälterin, Laurencia Villagras.
Die Familie de Fenestra hat ihr Vermögen mit dem Überseehandel, vor allem dem Import von Cao-Cao-Bohnen, Tabak, Pfeffer und anderen Gewürzen aus Xetoka und dem Export eingelegter Oliven, verschiedener Öle und Weine gemacht. Don Dartan erlernte bereits früh die Grundlagen des Handelns und konnte mit mehreren gewinnbringenden Expeditionen und einigen äußerst lukrativen Handelsabschlüssen mit ortsansässigen xetokanischen Händlern und Plantagenbesitzern bereits in jungen Jahren die Handelseinkünfte seiner Familie immens steigern. Das enorme Vermögen der Fenestras zeigt sich auch in ihrem palastartigen Wohnhaus in der Ciudad Real: Ein mit Statuen und Brunnen freizügig geschmückter, weitläufiger Garten umspannt das dreistöckige Gebäude dessen mit halbkugelförmigen Bossen verzierte Mauern in regelmäßigen Abständen von extravaganten Kolossalpilastern mit Diamantsteinquaderung durchbrochen sind.
Doña Sabina de Fenestra
Doña Sabina de Fenestra (* 973 nZ) wurde mit vierzehn Jahren mit ihrem jetzigen Ehemann verheiratet. Ihre Familie versprach sich durch diese Verbindung einen erheblichen Machtzuwachs, war Don Dartan de Fenestra doch erst drei Jahre zuvor in den Kronrat berufen worden. Dass dabei niemand auf die Idee kam, die junge Frau nach ihren Vorstellungen zu fragen, störte die Beteiligten reichlich wenig. So sah sie sich mit einem sehr viel älteren und durch seinen enormen Leibesumfang doch eher unattraktiven Ehemann gesegnet, keine guten Grundvoraussetzungen für eine glückliche Ehe. Allerdings lernte sie schnell, sich an die Annehmlichkeiten die ihr neues Leben mit sich brachte zu gewöhnen und Vor- und Nachteile ihrer neuen Lebenssituation gegeneinander abzuwägen.
Während ihr Gatte sich den Staatsgeschäften und seinen ihr nicht verborgen gebliebenen Liebschaften hingibt, hält auch sie sich einen jugendlichen Liebhaber, den aufstrebenden Schriftsteller Diego del Espinar. Mögen beide auch durch soziale Schranken voneinander getrennt sein, so verbindet sie doch eine gemeinsame Leidenschaft die sie ihre Standesunterschiede vergessen macht.
Diego del Espinar
Diego del Espinar (* 972 nZ) ist ein in Santo Tiberio lebender aufstrebender junger Verfasser von Theaterstücken und Sonetten. Seine ersten Erfolge erzielte er mit seiner König Manuell Carlos I.-Trilogie, einer Reihe von Historienspielen die die Gründung Westendars episodisch darstellten und vom Publikum begeistert aufgenommen wurden. Der Erfolg seiner Stücke eröffnete ihm auch einen Zugang zu den einflussreicheren Familien Santo Tiberios. Schließlich lernte er auf einem prunkvollen Fest im Anwesen der Fenestras Doña Sabina kennen und beide wurden ein Liebespaar.
Carmen de Zeniçeros
Carmen de Zeniçeros (* 762 nZ) ist eine wohlhabende Kaufmannsgattin aus Santo Tiberio. Ihr Mann, Aurelio de Zeniçeros (* 759 nZ), hat sich eine kleine aber erfolgreiche Tuchmanufaktur nach auretianischem Vorbild aufgebaut und plant zurzeit eine Expansion. Während ihr Gatte somit mit der Vermehrung des Familienbesitzes beschäftigt ist, kümmert sie sich lieber um die Befriedigung ihrer unkeuschen Gelüste. Seit mehreren Jahren unterhält sie eine Affäre mit Don Dartan de Fenestra mit dem sie sich für gewöhnlich bei später Stunde in einem kleineren Gasthof in Hafennähe zum munteren Stelldichein trifft.
Laurencia Villagras
Manchmal ist es für Außenstehende schwer nachzuvollziehen, was Menschen aneinander als anziehend empfinden. Laurencia Villagras (* 938 nZ) kümmert sich seit Jahrzehnten um den Haushalt Don Dartan de Fenestras und gehört schon fast zum festen Inventar des Anwesens. Es mag wohl um das Jahr 960 nZ gewesen sein, dass dem jungen Sohn des Hausherren das erste Mal die hübsche Magd auffiel, die sein Vater neu eingestellt hatte. So dauerte es nicht lange, bis er sie das erste Mal in der Besenkammer beglückte. Über die Jahre hinweg entwickelte sich zwischen den beiden eine tiefe Vertrautheit, weiß sie doch aus jahrelanger Erfahrung genau wie sie ihm nach einem harten Arbeitstag die wohlverdiente Erleichterung verschaffen kann.
Don Cisco Salvador de la Serna
Don Cisco Salvador de la Serna (* 929 nZ) hat seit dem Jahre 991 nZ das Amt des Tesorero inne und ist somit, neben des Postens im Kronrat, für die Bereiche Finanzen und Ländereien zuständig. Da sein Vorgänger aufgrund eines Korruptionsskandals zurücktreten musste, eröffnete sich für ihn dieses lukrative Amt. Nicht, dass Don Cisco weniger korrupt oder gar sehr viel fähiger als sein Vorgänger wäre, er hatte bisher einfach das Glück bei seinen Machenschaften nicht erwischt worden zu sein. So werden ihm von den Fürsten mitunter immense Summen angeboten, dass er gewisse Einträge in den Grundbüchern ändert oder hier und da einen Namen zwischen den Zeilen einfügt, zudem natürlich die Möglichkeiten die ihm seine Position im Kronrat eröffnet: alles in allem also ein äußerst gewinnbringendes Geschäft für alle Beteiligten.
Seit seine Ehefrau Beatriz (* 936 nZ; † 986 nZ) verstarb hat Don Cisco nicht wieder geheiratet. Emotionen haben in seinem Leben ihren Stellenwert verloren und gehören somit eindeutig der Vergangenheit an. Was für ihn zählt ist der Profit und der Ausbau eines Netzwerkes einflussreicher westendarischer Persönlichkeiten die in seiner Schuld stehen.
Don Bernardo de Ocaña
Don Bernardo de Ocaña (* 922 nZ) ist das älteste Mitglied des Kronrates und in seiner Position als Cuidador für Gesetzgebung und die Verwaltung des Königlichen Archivs zuständig. In den schier endlosen Reihen an Regalen in denen zum Teil jahrhundertealte Dokumente vor sich hinstauben scheint der alte, zunehmend mit seiner Schwerhörigkeit kämpfende Mann in seinem Element. So sieht man ihn des Öfteren mit langsamen Schritten durch die Gänge schlurfen, ein altes Pergament oder das Protokoll eines lange vergangenen Präzedenzfalles unter seinen Arm geklemmt. In den Diskussionen des Kronrates allerdings kommt der alte Mann schon längst nicht mehr mit und lässt sich immer häufig entschuldigen.
Wenn man Don Bernardo sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser alte Mann in seiner Jugend ein kraftstrotzender Jüngling war der auf so manches verwegene Abenteuer auszog. Auf einem dieser Abenteuer lernte er seine spätere Ehefrau Doña Aimunda de Ocaña kennen. Er war mit einer Gruppe Equidores von Nortwest nach Norden aufgebrochen um in den Ausläufern der Schattenkuppen nach einer verschollenen Handelskarawane zu suchen. Tagelang waren sie bereits unterwegs und hatten die Hoffnung fast aufgegeben, als sie endlich fündig wurden. Die Karawane war überfallen und bis auf den letzten Mann niedergemacht worden. Die Aasfresser hatten sich bereits an den Leichen gütlich getan. Die kleine Gruppe entschied, den wenigen noch verwertbaren Spuren zu folgen und gelangte schließlich zu einem kleinen Gehöft. Dort stellten sie die Täter und es kam zum Kampf. Am Ende waren nur noch Don Bernardo und einer seiner Freunde am Leben. Als sie die Hütte untersuchten, fanden sie eine zutiefst verängstigte junge Frau. Bernardo kümmerte sich um ihre Wunden, die zum größten Teil nur oberflächlich waren, manche von ihnen saßen aber tiefer, hier konnte er ihr zu diesem Zeitpunkt leider nicht helfen. So zog die kleine Gruppe wieder nach Süden, übergab die wenigen Güter derer sie noch habhaft werden konnte ihrem ursprünglichen Besitzer zurück und teilte sich dann auf um nach Hause heimzukehren. Im Lauf der Wochen waren sich Bernardo und Aimunda so nahe gekommen, dass er schon bald bei ihren Eltern um ihre Hand anhielt. Das ist jetzt schon fast ein halbes Jahrhundert her und beide haben seitdem keinen Tag ihrer Ehe bereut. Zusammen haben sie einen gemeinsamen Sohn: Don Ponce de Ocaña.
Doña Aimunda de Ocaña
Man sieht Doña Aimunda de Ocaña (* 925 nZ) noch immer an, dass sie früher eine wahre Schönheit gewesen sein muss. Ihre ganze Haltung offenbart eine würdevolle Erhabenheit. Manchmal blitzt in ihren Augen noch immer ein fast schelmisches Funkeln auf, dann hört man ihr klares helles Lachen. In den letzten Jahren, mit der zunehmenden Belastung durch die politischen Spannungen im Königreich, hatte sie allerdings immer weniger Gelegenheit ihre fröhliche und lebensbejahende Natur auszuleben.
Anders als ihr Mann vermeidet sie es, den Königspalast zu betreten und bleibt lieber in ihrem komfortablen Haus in der Ciudad Real. Dort hat sie sich ein kleines Arbeitszimmer eingerichtet in dem sie Stickereien anfertigt und sich der Malerei hingibt. In beidem hat sie mittlerweile ein beachtliches Können entwickelt und so kann man durchaus in manchem Laden der Stadt ihre kleinen Kunstwerke erwerben.
Don Ponce de Ocaña
Don Ponce de Ocaña (* 951 nZ) arbeitet als Jurist in einer angesehenen Kanzlei in Santo Tiberio. Oftmals hilft er auch seinem greisen Vater bei seinem Amt als Cuidador was meist zu endlosen Diskussionen mit dem schwerhörigen Alten führt. Ansonsten ist Don Ponce eher ein ruhiger Zeitgenosse der davon träumt eine Familie zu gründen. Da er sich in den letzten Jahren ein gutes finanzielles Polster erarbeitet hat, würde einer Werbung auch nichts mehr im Wege stehen. Das einzige was ihm jedoch, wie so vielen anderen auch, Grund zur Sorge macht sind die allgegenwärtigen Vorzeichen des nahenden Bürgerkrieges. Unter Umständen muss er mit der Verwirklichung seiner Träume noch sehr lange warten.
Don Farruco de Palaçios

Als Mariscal ist Don Farruco de Palaçios (* 939 nZ) neben seiner Tätigkeit im Kronrat auch für die königlichen Stallungen, die Logistik und das Postwesen, sowie das westendarische Verkehrswesen zuständig. An diesen Posten kam er wie die meisten seiner Amtskollegen, durch sein Geld und seine Beziehungen. Eigentlich hasst er Pferde seitdem er als junger Mann von seinem Hengst abgeworfen wurde und sich dabei den linken Oberschenkelhals brach. Der Knochen wuchs nie wieder richtig zusammen, sodass Don Farruco seitdem humpelt. Dieser Makel, seine Unvollkommenheit hat zeit seines Lebens an ihm genagt. Allerdings kompensierte er seine körperliche Versehrtheit mit einem gesteigerten Interesse an den Wissenschaften. Besonders die Mechanik hat es ihm seit seinem frühen Mannesalter angetan. Oftmals findet man ihn stundenlang in seiner privaten Werkstatt in der Ciudad Real an ausgetüftelten Maschinen sitzen, Konstruktionsskizzen studieren und dann wieder kleine Einzelteile anpassen bis sie ihre exakte Form haben und sich in das große Ganze fügen.
Dies bildet seinen Ruhepol, das Stück heile Welt in das er sich zurückziehen kann wenn er ausgelaugt und müde von seiner Arbeit nach Hause kommt. Seitdem König Felipe Miguel IV. im Sterben liegt hat sich das Klima bei Hofe merklich verschlechtert. Die Sitzungen des Kronrates, falls sie denn noch stattfinden, eskalieren zunehmend, kaum findet man noch gemeinsame Lösungen. Die verschiedenen Fraktionen bei Hof intrigieren offen gegeneinander, ja selbst zu diversen Anschlägen ist es bereits gekommen. Zusehends hat sich der so lebensfrohe Königspalast in eine Schlangengrube verwandelt, die Hauptstadt Santo Tiberio in eine wohl schon bald belagerte Stadt. Schon öfters hat Don Farruco mit dem Gedanken gespielt, sich zusammen mit seiner Frau, notfalls auch ohne sie, mit dem Schiff nach San Aurecciani zu entfernten Verwandten abzusetzen. Selbst das freiwillig gewählte Exil dürfte besser sein als abzuwarten, was die Zukunft den Sterbenden in der Hauptstadt bringen wird.
Doña Camila de Palaçios
Doña Camila de Palaçios (* 945 nZ) gerät bedauerlicherweise, und zum Leidwesen ihres Mannes, ganz nach ihrer Mutter. Als Don Farruco sie das erste Mal auf einem Miniaturportrait, welches sein Vater ihm gegeben hatte, sah, erschien ihm die arrangierte Ehe als eine gute Idee. Dass dies ein fataler Trugschluss gewesen war, und dass Portraits nicht immer den Tatsachen entsprachen, merkte er in dem Moment als er seiner Braut das erste Mal gegenüberstand. Ihr Gesicht sah wie das eines Pferdes aus. Als sie ihren Mund zu einem Lächeln öffnete sah er ihre Zähne und er wäre fast in Ohnmacht gefallen: schief, wie das Gebiss eines Ackergauls. Zudem musste er bald feststellen, dass diese Frau keinen Deut Verstand besaß. Oh, womit hatte ihn Rhea nur geschlagen!
Die Jahre brachten ihrer Beziehung auch keine Verbesserung. Beide lebten aneinander vorbei. Er widmete sich seiner Arbeit und seinen Maschinen, sie spann oder widmete sich der Hausarbeit. Oftmals hat sie ihm bereits damit gedroht, ihn zu verlassen und einem Rheakloster beizutreten – im Stillen betet er, dass sie es endlich tut.
Don Javiero de Quintana
Don Javiero de Quintana (* 959 nZ) ist das jüngste Mitglied des Kronrates. Er wurde im Jahr 990 nZ zum Generallisimo ernannt, ein Amt in dem er sowohl als oberster Feldherr Westendars als auch als Polizeichef fungiert. Von beidem hat er eigentlich keine Ahnung und so lässt er die anfallende Arbeit auch lieber von anderen erledigen. Dafür gefällt er sich um so mehr in der Pose des Generallisimo. So wundert es auch nicht, dass er Unsummen von Geld für teure Gemälde ausgegeben hat die ihn stets hoch zu Ross in voller Rüstung zeigen. Dass er dabei noch nie ein echtes Schlachtfeld gesehen hat, stört in dabei herzlich wenig. Allerdings haben ihn die Ereignisse nach der plötzlichen Erkrankung des Königs zunehmend verunsichert, sieht es doch tatsächlich so aus, als ob demnächst ein Krieg ausbrechen würde.
Don Javiero entstammt einer der führenden Grandenfamilien von Santo Tiberio. Dem ungeheuren Reichtum seines Vaters hat er es auch zu verdanken, dass er bereits im zarten Alter von einunddreißig Jahren Mitglied des Kronrates wurde. Ansonsten hat er allerdings bisher reichlich wenig zustande gebracht. Dies allerdings kompensiert er mit einem geradezu überbordenden Selbstbewusstsein. Hat er nicht erst neulich einen Künstler engagiert damit dieser ein Gemälde anfertigt auf dem man ihn als strahlenden Helden inmitten eines Schlachtfeldes sieht auf dem deutlich im Hintergrund die Banner der Familien Sarzados, Quebradas und Salion auf der einen Seite, und das Banner des Königs auf der anderen Seite zu erkennen sind?
Doña Senalda de Solares y Quintana
Doña Senalda de Solares y Quintana (* 961 nZ) hat ihren Ehemann im Alter von neunzehn Jahren geheiratet und es schon bald darauf bitterlich bereut. Zwar erfüllt sie getreulich ihre ehelichen Pflichten, tut dies allerdings mit einer Abscheu die sie fast erbrechen lässt. Der Ekel wurde, anders als sie es erhofft hatte, mit den Jahren aber nicht weniger, sondern eher mehr. Seitdem ihr Gatte das Amt des Generallisimos innehat ist er noch unausstehlicher geworden als er es eh schon gewesen ist. Seine Selbstliebe wird nur noch von seiner Unfähigkeit übertroffen.
So hat sich die junge und intelligente Doña Senalda zunehmend im Laufe ihrer Ehe der Literatur zugewandt. Zunächst las sie viel, dann fing sie an, selbst kleine Gedichte zu verfassen. Schließlich wagte sie sich an ihre erste Novelle, eine Liebesgeschichte. Wider Erwarten kam diese bei der größtenteils weiblichen Leserschaft gut an und so konnte sie sich schon bald die Zeit mit dem Schreiben von Fortsetzungen vertreiben. Während sie sich zunehmend in ihre Fantasie flüchtet und ihre emotionalen Bedürfnisse von ihren Romanheldinnen ausleben lässt, wird ihre Ehe mehr und mehr zu einem monotonen Alptraum aus Langeweile und Idiotie.
Don Prospero de Sequeda
Don Prospero de Sequeda (* 932 nZ), der Königliche Medicus, gehört seit dem Jahr 986 nZ dem Kronrat an. Anders als so mancher seiner Amtskollegen hat er seine Stelle nicht dem Geld seiner Familie zu verdanken sondern seinem erstklassigen Ruf als Arzt. Früher begleitete er verschiedene Söldnerheere als Wundarzt und erlernte auf diese Weise sein Handwerk. „Der Krieg ist die Schule der Chirurgie,“ pflegte sein Professor an der Universität stets zu sagen, und so folgte Don Prospero diesem Ratschlag. Fast zwei ganze Jahrzehnte arbeitete er auf den verschiedensten Schlachtfeldern und begleitete marschierende Heerhaufen bis ihm fast jede Art der Verletzung und Erkrankung bekannt war. Dann hängte er das Leben als Militärarzt an den Nagel und kehrte nach Santo Tiberio zurück. Er bekam schnell eine begehrte Stelle als Professor an der hiesigen Universität und lernte seine künftige Frau, die bezaubernde Doña Pilar de Sequeda, kennen.
Allerdings half ihm auch all sein Wissen nicht, als der König im Jahr 991 nZ plötzlich von einer rätselhaften Krankheit niedergestreckt wurde und seitdem an das Bett gefesselt ist. Er war einer der ersten, der auf die Möglichkeit einer Vergiftung hinwies, konnte aber kein eindeutiges Indiz oder feststellbares Symptom erkennen. Somit konnte auch er nichts anderes tun als seinem König hilflos beim langsamen Dahinsiechen zuzusehen.
Doña Pilar de Sequeda
Doña Pilar de Sequeda (* 965 nZ) ist eine bildhübsche und äußerst intelligente Frau die ihrem Gatten in nichts nachsteht. Sie lernte ihn kennen als sie ein Studium der Medizin an der Universität von Santo Tiberio begann. Sofort fiel ihm das enorme Wissen und Talent seiner Studentin auf. Sie verbrachten viel Zeit miteinander und verliebten sich schließlich ineinander. Dann folgte auch schon bald die Hochzeit.
Mit seiner Ernennung zum Königlichen Medicus tat sich auch für sie eine neue Welt auf. Hatte sie zuvor den königlichen Palast nur von außen bestaunen können, so fand sie sich nun inmitten des Zentrums der Macht wieder. Dieses Gefühl übte eine enorme Macht auf sie aus, wie sie schnell merkte. Das Leben am Hof mit all seinen Lügen und Ränkespielen veränderte sie zunehmend. War sie zunächst noch überrascht von dem Geflecht gegenseitiger Intrigen und Verschwörungen, lernte sie doch bald, sich in diesem zurechtzufinden und es sogar zu ihren Gunsten zu lenken. Soll ihr Gatte sich auf seine Arbeit konzentrieren, sie konzentriert sich darauf, alle Gefahren von ihm abzuwenden, woher diese auch kommen mögen. Mag sie nach außen hin wie eine der vielen Hofdamen wirken, so steckt doch in ihr weit mehr als man auf den ersten Blick zu erkennen vermag.